Indie-Spiele können vieles sein: innovativ, anspruchsvoll und bezaubernd. Selten treffen alle drei Eigenschaften gleichzeitig bei einem einzigen Spiel zu, aber Highlands schafft das. Highlands, ursprünglich durch Kickstarter ins Leben gerufen, ist ein ambitioniertes Projekt von Burrito Studio, das uns ins rundenbasierte Strategie-Genre entführt. Mit liebevoll gestalteter Grafik, einer netten Story und lebedingen Charakteren hat es mich völlig überzeugt und hoffentlich auch euch nach meiner Review.
Über den Wolken…
… muss wohl Highlands liegen, oder besser gesagt, das Königreich Arislaan. Anstatt auf der Erde zu bleiben, wurde das gesamte Königreich über die Wolken verlagert. Die Highlander sind ein reiches, kleines Völkchen gewesen, bis es zu feindlichen Angriffen von bösartigen Roboter-Insekten und Samurai-Kriegern kam. Da die Bevölkerung auf diese Invasion überhaupt nicht vorbereitet war, bleibt der königlichen Familie nichts anderes übrig als zu fliehen. Sobald sie in Sicherheit sind, wird auch schon ein Plan geschmiedet, das Königreich Stück für Stück wieder zurückzuerobern.
Die Geschichte der königlichen Familie zieht sich über das gesamte Spiel. Für ein Strategiespiel eine ziemlich ausschweifende und gelungene Story, die von Anfang an zu überzeugen weiß. Grundsätzlich ist Highlands natürlich schon ein rundenbasiertes Strategiespiel – ähnliche wie Risk oder Civilization – aber auch der RPG-Faktor ist zu beachten. Die Familienmitglieder, und auch angeheuerte Gefährten, leveln regelmäßig auf und gerade durch diese Charakterisierung wachsen sie einem ans Herz. Bis auf die königliche Familie, von der der niemand sterben darf sonst Game-Over, können nämlich alle anderen Gefährten das Zeitliche segnen. Also aufpassen, dass man sich nicht zu sehr an die niedlichen Gestalten gewöhnt. Regelmäßiges Sterben ist hier an der Tagesordnung.
Strategie trifft RPG
Aber wie spielt sich Highlands überhaupt? Ein Vergleich mit Risiko ist wohl zu simpel, ein Vergleich mit Civilization jedoch übertrieben. Die Idee ist einfach folgende: Beschlagnahme die feindlichen Gebiete, Sektor für Sektor, sammle Ressourcen auf gewissen Feldern ein, baue damit deine Armee auf und überbewältige den Feind. Um Gebiete sichern zu können muss hier taktisch vorgegangen werden. Die Feinde warten natürlich nicht darauf, einfach so besiegt zu werden. Wenn wir uns von unseren hart erkämpften Feldern wegbewegen, versuchen die Feinde natürlich auch uns wiederum Felder wegzunehmen. Man muss deshalb schon ziemlich früh die Balance zwischen Eroberung und Sicherung der Felder finden. Wird z.B. das Nahrungsfeld von den Feinden erobert, können wir unsere Armee nicht mehr versorgen und auch die Heilung von verletzten Mitgliedern ist nicht mehr verfügbar. Deshalb: immer die Nahrungsanzeige im Auge behalten! Ohne Nahrung sind die im Spiel genau so arm dran wie wir im echten Leben.
Unsere Armee können wir aus vier Charakterklassen zusammenstellen: Anführer, die Feld-Ressourcen abbauen, Mechaniker, die Gebiet sichern & befestigen können, und klassische Kämpfer und Heiler. Mechaniker können unter anderem in Werkstätten Ausrüstungsgegenstände herstellen, die z.B. die Angriffs- oder Heilkraft deiner einzelnen Gefährten verbessern. Ressourcen in Upgrades zu stecken, zahlt sich auf jeden Fall aus. Die Zusammenstellung des idealen Teams für die jeweilige Map macht wirklich Spaß! Eine sehr komplexe Herausforderung, vor allem am Anfang. Mögen die ersten Karten vielleicht noch wie ein Kinderspiel wirken, so lasst euch jedoch nicht täuschen, was den weiteren Spielverlauf betrifft. Es wird wirklich hart. Sehr hart sogar. Neben dem normalen Erobern und Sichern kommen auch regelmäßig neue Herausforderungen auf einen zu. So gibt es eine Map, in der alle drei Runden ein extrem starker Warlord erscheint und euch über die gesamte Karte hetzt. Kaum hat man irgendwo ein Feld eingenommen, werden einem am Anfang der Karte gleich wieder drei Nahrungsfelder vom Warlord zerstört. Phasenweise echt sehr frustrierend, aber was soll‘s. Strategie-Spiel eben.
Im direkten Aufeinandertreffen unserer Armee mit der feindlichen, wird die Angriffskraft sämtlicher Einheiten addiert. Natürlich auch die der feindlichen. So kann Kleinvieh auch ziemlich viel Schaden machen. Tipp am Rande: ständig in Bewegung bleiben, sonst wird die Herde ziemlich schnell ausgedünnt und am Ende hat man weder Ressourcen, noch eine Armee. Wie oben bereits kurz angeschnitten: finde die Balance! Nicht ewig auf den Feldern sitzenbleiben, aber auch nicht einfach durchlaufen. Sollte das Spiel an einigen Stellen trotz allem zu schwierig sein, muss ich euch leider enttäuschen: es gibt derzeit nur zwei Schwierigkeitsgrade. Normal und Schwer. Und ganz ehrlich, normal ist schon sehr sehr schwer. Für Masochisten unter euch gibt es dann auch noch den schweren Modus. Bei dem wollte ich allerdings nicht mal reinschauen, normal war schon hart genug für mich.
Augenschmaus
Fernab von dem ganzen Kampf- und Strategiegeschehen, muss man Highlands wegen der mehr als bemerkenswerten Grafik zumindest mal anspielen. Anstatt der üblichen Kästchen und Sechsecke, ist hier wirklich jedes Feld einzigartig und total liebevoll gezeichnet und gestaltet. Die Detailverliebtheit der Entwickler macht sich an jeder Stelle bemerkbar. Selbst die Charaktere, die einen gewissen Disney Charme versprühen, sind erstklassig gemacht. Gerade eben dieser Zeichenstil unterscheidet Highlands von anderen Spielen aus demselben Genre. Ein interaktives Märchen, das zufällig auch noch ein hochklassiges Strategie-Spiel ist.
Natürlich ist aber auch Highlands nicht perfekt. Ein paar technische Probleme treten trotz allem auf. Derzeit ist wirklich alles Micromanagement. Einzelne Gefährten auswählen ist etwas kompliziert. Es ist nicht möglich, einfach alle Heiler oder alle Mechaniker auszuwählen, man muss immer jeden einzeln anklicken, oder mit STRG + Linksklick eine Gruppe zusammenstellen, oder einfach alle Gefährten auswählen. Das nervt auf Dauer immens. Das Auswählverfahren ist derzeit einfach noch zu umständlich und wird hoffentlich in künftigen Updates behoben. Die Feinde bewegen sich auch sehr schnell und suchen sich phasenweise etwas launisch ihr Ziel aus. Wird z.B. bei der Gruppe 1 ein Heiler abgezogen und zur Gruppe 2 als Verstärkung geschickt, attackieren die Feinde nun Gruppe 1 anstatt wie ursprünglich Gruppe 2. Schickt man dann wiederum dort als Unterstützung einen Kämpfer hin, fokussieren sie plötzlich wieder die andere Armeegruppen. Das Angriffsziel sollte eher am Wert des besetzten Feldes ausgesucht werden, weniger an der Armeestärke. Dieses ständige switchen ist auch unnötig und einfach nur zeitraubend. Auch ist es etwas hirnrissig, dass eine kleine Roboterspinne mit Angriffsstärke 4 freiwillig eine Armee mit Stärke 200 angreift. Da muss auch noch etwas nachgebessert werden.
Fazit
Trotz der kleinen Fehler macht Highlands wirklich eine Menge Spaß. Es ist sehr umfangreich, originell und witzig gemacht. Auch der Suchfaktor ist hier groß. Möchte man eigentlich schon aufhören, drückt mach doch immer wieder auf „die nächste Runde“. Und so geht das ewig dahin, bis die Karte auf einmal völlig durchgespielt wurde. Burrito Studio muss an dieser Stelle mal gelobt werden. Ein so kleines Studio, das ein so großartiges Spiel herausgebracht hat. Auch die überraschende Mischung aus Strategie und RPG funktioniert tadellos. Die Karten sind gerade mit ihrer Andersartigkeit über den Wolken toll zu spielen. Highlands ist für Strategie-Liebhaber, die nach etwas Neuem ächzen, zu empfehlen. Auch weil Preis und Leistung hier mehr als stimmig sind.
83 Wertung
Gameplay: 8/10
Grafik: 9/10
Sound: 8/10
Steuerung: 8/10
wunderschön gezeichnet | sehr innovativ | großer Suchtfaktor | gute Story
ab und an zu schwierig | kleine technische Fehler